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❀ Baumgeflüster ❀

 

Oder: Leben ist Werden.

Oder: Die Lektion, die ich immer und immer wiederholen muss ;)

 

 

Liebe Blütenlesende

 

Ich war wiedermal aus dem Paradies herausgefallen, da kam mir diese riesige, uralte, majestätische Fichte des Weges. Sie lud mich ein bei ihr zu sitzen. Was für ein Geschenk angesichts des Ausmasses meiner geistigen Verwirrung! Ich sass lange bei ihr, sie betrachtend, und jammerte ihr irgendwann davon vor, dass ich es wieder geschafft hatte, von mir selbst, von meiner Wahrheit abzuweichen und wie schmerzhaft das sei. Sie antwortete:

 

„Sieh, ich bin noch nie auch nur einen Millimeter von mir selbst abgewichen und nur deshalb konnte diese majestätische Fichte aus mir werden.“

 

Ich konnte nicht so viel damit anfangen; im Gegenteil, was sie sagte, verwirrte mich eher noch mehr, da ich es so verstand, dass ich es im Gegensatz zur Fichte halt wohl total verbockt habe. Aber zum Glück fühlte ich, dass sie mir später noch mehr erzählen wollte und so beschloss ich, bei ihr zu bleiben und konzentrierte mich erstmal eine lange Weile mehr aufs Sonnenbaden ☺

 

Später betrachtete ich die Fichte erneut. Ich fand, dass sie enorm viele Zapfen trug und dass diese ja ihre Früchte seien, bemerkte aber, dass längst nicht an jedem Ast ein Zapfen hing. Da warf die Fichte ein:

 

„Meine Äste sind wie die Wege deines Lebens. Vielleicht bringt nicht jeder direkt Früchte, aber sieh, sie waren doch alle nötig, denn jeder Ast, den ich ausgebildet habe, jeder Weg, den ich durch den Ast „gegangen“ bin, ermöglicht es mir, durch das Mehr an Nadeln noch mehr Licht aufzunehmen als vorher, das dann zu weiterem Wachstum und zum Hervorbringen weiterer Früchte dienen kann. Wer weiss, vielleicht bringt ein Weg, den wir vor langer Zeit scheinbar umsonst gegangen sind, gerade dieses Jahr zum ersten Mal Früchte hervor. Jeder deiner Wege gehört zu dir und gibt dir deine jetzige Form. Es gibt keine Umwege und keine Abwege in diesem Sinne. Lass dir nicht einreden, dass du irgendwo falsch gegangen seist. Ich weiss, wer du bist - nur du hast es gerade ein bisschen vergessen. Aber indem du alle deine Wege wieder in Besitz nimmst, indem du alles annimmst an dir, wie auch immer es sein mag, wirst auch du dich wieder erkennen.“


Immer noch mit vielen Fragezeichen, jedoch schon ziemlich aufgepäppelt bedankte ich mich bei der Fichte und ging weiter meines Weges.

Bis heute Morgen war ich immer wieder über ihre Botschaft am Brüten, da ich einfach nicht verstand, wie ich das auf mein Leben übertragen soll und wie das genau gemeint ist mit dem 'niemals von mir selbst abweichen'.

 

Da schickte mir die Fichte aus der Ferne noch eine weitere Botschaft:

„Siehe, wenn ich gewisse Äste oder Teile von mir weg haben wollte, zum Beispiel, weil sie krumm gewachsen sind, dann wäre ich nicht mehr ganz, nicht mehr harmonisch, nicht mehr so heil wie ich mit ihnen bin. Genau das tust du, wenn du gewisse Dinge, die dir passiert sind, gewisse Eigenschaften an dir, Wege, die du gegangen bist und Resultate, die daraus entstanden sind, nicht wahr haben willst; du lehnst sie ab und genau das ist doch der Grund für dein Un-heil. Du selbst sorgst dafür, dass du nicht ganz bist. Nämlich, indem du nicht alles, was dir je widerfahren ist, nicht alles, was und wie du bist, als dein und zu dir gehörig annimmst. Das ist dein Schmerz. Denn was nicht ganz ist, kann niemals heil sein.“


Nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Niemals von sich selbst abzuweichen bedeutet nicht, von vornherein genau zu wissen, was man ist oder sein wird und daher auch zu wissen, wie man in jedem Moment sein SOLL, um dann rigide nur noch diese Art, diesen Weg zuzulassen. Das führt nämlich höchstens zu Stress und zu Leiden, denn wenn man so und so sein soll, wird man sich für alles, was anders ist, verurteilen und DAS ist es, was so weh tut, nicht das vermeintliche „Abweichen“.

Niemals von sich selbst abzuweichen bedeutet, niemals die Wahrheit abzulehnen, die sich uns durch uns gerade präsentiert, wie auch immer sie geartet sein mag.

 

Niemals von sich selbst abzuweichen bedeutet, sich dem eigenen Werden vertrauensvoll hinzugeben, ohne selbst etwas kontrollieren zu wollen oder die Wege und das Ziel im Vornherein und zu jedem Zeitpunkt genau zu kennen. Es bedeutet einfach zu beobachten, was ist und was wird, wie wir wachsen und immerwährend ausgebildet werden, wie das Höchste in uns dies alles für uns bewerkstelligt, welche Wege uns geschehen und wie wir immer grösser werden.

Und dabei stets bloss anzuerkennen: „Ah, das bin ich! Und das auch, und das auch!“

 

 

Alles Liebe

Suva

 

 

 

...Kurzfassung: Von sich selbst abweichen kann man nur, wenn man eine Vorstellung hat darüber, wie man sein sollte ;)

 

 


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